Wie der Arzt Freiberufler bleibt

Art Freiberufler
Liebe Leser:Innen meines Artikels, 
beim Lesen könnt Ihr den Begriff „Arzt“ gern ersetzen durch Ärztin, Zahnarzt, Zahnärztin, Physiotherapeut, Physiotherapeutin, Freiberufler, Freiberuflerin usw.
 

Wie bleibt der Arzt Freiberufler?

Aus der Musterberufsordnung für Ärzte geht die Abgrenzung zwischen freiem Beruf und Gewerbe klar und eindeutig hervor: „Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.“ 
 
Auch das Einkommensteuergesetz zählt die selbständige Berufsausübung der Ärzte zu den freiberuflichen Tätigkeiten. Im Gesetz werden eine ganze Reihe konkreter Berufe aufgezählt, die als Freiberufler definiert werden – sog. Katalogberufe. Dazu zählen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten und andere Heilberufe.
 
Die persönliche Berufsausübung ist aber die wesentliche Bedingung für die Freiberuflichkeit. Das Berufsbild des Arztes ist durch den „persönlichen, individuellen Dienst am Patienten“ geprägt. 
 
Das ist eine steuerliche Privilegierung des Arztes gegenüber anderen Berufen, also denjenigen, die nicht zu den Katalogberufen zählen und als gewerblich eingestuft werden.
 
Der Arzt ist meist irritiert, wenn ich ihm erläutere, dass seine Freiberuflichkeit nicht gesetz(t), sondern unter Umständen in „Gefahr“ ist. 
 
Die Umqualifizierung der bisher freiberuflichen Tätigkeit in die Gewerblichkeit würde eine Reihe von steuerlichen Konsequenzen nach sich ziehen, auf die ich im folgenden Beitrag eingehen werde.
 
 

Steuerliche Vorteile des Arztes als Freiberufler

  • Der Arzt ist nicht gewerbesteuerpflichtig.
  • Der Gewinn kann durch sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt werden. Ein Arzt muss keine Bilanz aufstellen.
  • Ärztliche Leistungen sind erst dann als Einnahmen zu erfassen, wenn Sie vom Patienten bzw. der KV/KZV auch bezahlt sind und nicht schon im Zeitpunkt der Leistungserbringung.
  • Keine Buchführungspflicht, d.h. die Aufzeichnungen der Geschäftsvorfälle sind viel einfacher und erfolgen unter weniger strengen Regeln.
 

Steuerliche Nachteile durch Gewerblichkeit (der Arzt ist kein Freiberufler)

  • Wer gewerbliche Einkünfte erzielt, muss Gewerbesteuer zahlen. 
  • Die Höhe der Gewerbesteuer richtet sich dabei nach dem Hebesatz der Gemeinde des Praxissitzes. Die Gewerbesteuer kann der Arzt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auf die Einkommensteuer anrechnen. Ob eine Vollanrechnung erfolgt, hängt von besonderen Faktoren an, auf die ich hier nicht näher eingehen werde.
  • Sofern gewisse Gewinn- oder Umsatzgrenzen überschritten werden, kann der Arzt den Gewinn nicht mehr nach der sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, sondern es ist eine Bilanz zu erstellen. 
 

Welche Umstände können dazu führen, dass der Arzt nicht als Freiberufler eingestuft wird?

 
Es ist immer der Einzelfall zu prüfen. Trotzdem kann ich einige Beispiele aufzählen, die mir in meiner langjährigen Berufserfahrung mit Ärzten regelmäßig begegnet sind:
 

Eigene Angestellte

Beschäftigt der Arzt fachlich vorgebildete Mitarbeiter, kann dies den Status seiner Freiberuflichkeit infrage stellen. Die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ist aber dann nicht unschädlich, wenn der Arzt aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. 
 
Voraussetzung für die leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit und damit Freiberuflichkeit ist, dass der Arzt aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrollen maßgeblich auf die Tätigkeit seines angestellten Fachpersonals – patientenbezogen – Einfluss nimmt, sodass die Leistung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Arztes trägt. 
 
Der Entscheidungen des Bundesfinanzhofes zur Freiberuflichkeit eines Arztes lässt die Tendenz erkennen, dass das Kriterium der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht zu eng zu sehen ist. Die Gesetzesvorschrift ermächtigt jedoch weder dazu, Routineaufgaben vollständig auf einen Angestellten zu delegieren, noch will die Regelung – wie der Begriff der „Mithilfe“ verdeutlicht – ermöglichen, dem Arzt eine Tätigkeit als eigene zuzurechnen, die tatsächlich ein anderer, angestellter Arzt eigenständig ausführt und zu verantworten hat.
 
Wenn die Anstellung eines fachfremden Arztes keine ausreichende fachliche Nähe zum Freiberufler aufweist, droht die gewerbliche Infektion: der Arzt ist dann im Sinne des Einkommensteuergesetzes kein Freiberufler mehr.
 
Bei der Anstellung von Ärzten ist die Anzahl der angestellten Ärzte, die Fachrichtung angestellter Ärzte und die Praxisorganisation im Blick zu behalten.
 

Gemeinschaftspraxis: nicht therapeutisch tätiger Arzt ist kein Freiberufler

 
Wenn ein Arzt keine Patienten mehr selbst behandelt, sondern nur noch die Aufgaben eines Praxismanagers bzw. die kaufmännischen Belange erfüllt, dann ist Vorsicht geboten und die Freiberuflichkeit in Gefahr.
 
In einem vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Urteil (Az. 4 K 1270/19 vom 16.09.2021,) ging es um eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis. Einer der Zahnärzte kümmerte sich nur noch um die kaufmännischen und organisatorischen Belange der Praxis. Patientenbehandlungen führte er nicht mehr durch. Dem Finanzgericht fehlte es in dem entschiedenen Fall an der für die Freiberuflichkeit geknüpfte „Eigenverantwortlichkeit“ des Arztes. Reine Verantwortung des Arztes nach außen zu übernehmen, reiche für die den Status als Freiberufler nicht aus.
 
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt wurde (Az. VII R 4/22). Das Thema, der Arzt als Freiberufler, wird also bald höchstrichterlich entschieden und bleibt mit Spannung abzuwarten.
 

Gewerbliche Nebentätigkeiten des Arztes

Problematisch kann es werden, wenn der Arzt als Freiberufler nebenbei auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. 
 
Bei einem Arzt könnte ein Gewerbebetrieb z. B. durch den Verkauf von Pflegemitteln, Kontaktlinsen, Nahrungsergänzungsmitteln durch einen Allgemeinmediziner, vorliegen und die Freiberuflichkeit „infizieren“.
 
Auch die Überlassung von Personal, Räumen und Einrichtungen kann zur „Versagung“ der Freiberuflichkeit führen. Das wäre z.B. der Fall, wenn ein Anästhesist z.B. eigene OP-Räume und Geräte an andere Ärzte zur Durchführung ambulanter Operationen gegen Benutzungsgebühr vermietet. 
 
Wenn Physiotherapeuten medizinisches Gerätetraining (MGT) anbieten, treten sie in Wettbewerb zu gewerblichen Fitnessstudios. Auch bei ärztlicher Verordnung des MGT üben sie dann keine heilberufliche Tätigkeit – also Freiberuflichkeit – aus und erzielen gewerbliche Einkünfte.
 
Steuerliche Risiken bestehen folglich für den Arzt als Freiberufler, wenn der Arzt neben der freiberuflichen Tätigkeit auch gewerbliche Tätigkeiten ausübt. Hierbei ist insbesondere zu unterscheiden, ob es sich um einen Arzt als Freiberufler Einzelunternehmer (z.B. Einzelpraxis) oder um eine Personengesellschaft (z.B. Gemeinschaftspraxis als GbR) handelt.
 
Die sog. Abfärbetheorie (oder auch Infektionstheorie) betrifft nicht den Arzt als Freiberufler in Einzelpraxis, auch wenn dieser eine gewerbliche Tätigkeit ausüben sollte, da hier die sog. Trennungstheorie Anwendung findet. Die freiberuflichen und gewerbliche Tätigkeiten werden gesondert und isoliert betrachtet. Eine Gewerbesteuerpflicht des Arztes besteht dann nur für den gewerblichen, jedoch nicht für den freiberuflichen Teil. Eine Ausnahme hiervon trifft nur dann zu, wenn es sich um einheitliche, nicht trennbare Tätigkeiten handelt.
 

Weitere ungünstige Fallstricke für den Freiberufler Arzt

  • Bei einer BAG ist ein Gesellschafter mit 0 Euro am Kapital beteiligt (Nullbeteiligung). Seine Einkünfte werden ggf. in Angestellteneinkünfte umqualifiziert.
  • Beteiligung einer berufsfremden Person (bspw. einer GmbH).
  • Z.B. schriftstellerische Tätigkeiten oder die Vortrags- oder Lehrtätigkeit eines Freiberufler Arztes.
 

Zusammenfassung zum Freiberufler Arzt

In der Beratungspraxis ist die Freiberuflichkeit des Arztes mitunter ein schwieriges Thema, da keine absoluten Grenzwerte existieren, ab wann der Arzt nicht mehr leitend und eigenverantwortlich tätig und damit kein Freiberufler mehr ist. Besondere Umsicht ist erforderlich, wenn sich mehrere Ärzte zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen oder in der Praxis angestellte Ärzte tätig sind.
 
Da jede Arztpraxis anders aufgebaut ist, ist der enge Austausch zwischen Arzt und Steuerberater wichtig. Durch eine regelmäßige Kommunikation kann der Steuerberater den Freiberufler Arzt am besten auf mögliche (steuerliche) Gefahren zur Freiberuflichkeit hinweisen und beraten.
 
So kann z.B. die Trennung unterschiedlicher Leistungen oder die Gründung einer gesonderten Gesellschaft die Gefahr einer Gewerblichkeit minimieren.
 
 
 
 

FAQ Freiberufler Arzt

Selbständige werden in zwei Gruppen eingeteilt:

  1. Selbständige, die ein Gewerbe betreiben (z.B. Einzelhändler und Handwerker)
    Diese erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG.
    und
  2. Selbständige, die einen freien Beruf ausüben (z.B. Arzt, Rechtsanwalt)
    Diese erzielen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gem. § 18 EStG.

Das kommt auf die Rechtsform und die individuellen Umstände an. Wenn der Arzt neben seiner ärztlichen Tätigkeit keine weiteren Einkünfte erzielt, kann das grundsätzlich wie folgt zusammengefasst werden:
 
Der Arzt als Freiberufler in einer Einzelpraxis
Einkommensteuererklärung, in Einzelfällen: Umsatzsteuererklärung
 
Der Freiberufler Arzt als Gesellschafter einer BAG-GbR, MVZ GbR
Arzt: Einkommensteuererklärung, in Einzelfällen: Umsatzsteuererklärung
 
GbR: Feststellungserklärung, in Einzelfällen: Umsatzsteuererklärung
 
*Wenn Arzt bzw. GbR nicht als Freiberufler tätig sind, sondern als Gewerbetreibende: zusätzlich noch eine Gewerbesteuererklärung und u.U. noch eine Gewerbesteuerzerlegungserklärung.
 
Der Arzt als Gesellschafter einer MVZ GmbH
Arzt: Einkommensteuererklärung
MVZ GmbH: Körperschaftsteuererklärung, Gewerbesteuererklärung, ggf. Umsatzsteuererklärung

Mehr Infos findest du auch hier:

Die MVZ GmbH – ein Steuersparmodell? Teil 1/2

Steuerneutrale Einbringung der Einzelpraxis in eine MVZ GmbH – Teil 2/2

as kommt auf die Rechtsform und die individuellen Umstände an. Wenn der Arzt neben seiner ärztlichen Tätigkeit keine weiteren Einkünfte erzielt, kann das grundsätzlich wie folgt zusammengefasst werden:
 
Der Arzt als Freiberufler in einer Einzelpraxis
Einkommensteuer, ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, in Einzelfällen: Umsatzsteuer
 
Der Arzt als Gesellschafter einer BAG-GbR, MVZ-GbR
Arzt: Einkommensteuer, ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, in Einzelfällen: Umsatzsteuer
GbR: keine Ertragsteuer, in Einzelfällen: Umsatzsteuer
 
*Wenn Arzt bzw. GbR nicht als Freiberufler tätig sind, sondern als Gewerbetreibende: zusätzlich noch eine Gewerbesteuererklärung und u.U. noch eine Gewerbesteuerzerlegungserklärung.
 
Der Arzt als Gesellschafter einer MVZ GmbH
Arzt: Einkommensteuer, ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer
MVZ GmbH: Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer, ggf. Umsatzsteuer

Die MVZ GmbH – ein Steuersparmodell? Teil 1/2

Steuerneutrale Einbringung der Einzelpraxis in eine MVZ GmbH – Teil 2/2

Als Freiberufler ist der Arzt nicht gewerbesteuerpflichtig, weil er kein Gewerbe betreibt.

Nein, obwohl fast alle Existenzgründer eine Gewerbeanmeldung durchführen müssen. Der Arzt als Freiberufler ist davon befreit, da die freien Berufe nicht meldepflichtig sind.

Damit keine Gewerbesteuerpflicht eintritt, darf eine Freiberufler -GbR nur die medizinische Versorgung erbringen. Dies ist die Voraussetzung der Freiberuflichkeit.
Sollten die Ärzte der GbR zusätzlich noch andere gewerbliche Tätigkeiten erbringen, würde dies die medizinische Tätigkeit „infizieren“ und damit wären sämtliche Gewinne der GbR gewerbesteuerpflichtig.

Die Erzielung gewerblicher Einkünfte kann im Ertragsteuerrecht zur Infektion (auch als Abfärbung bekannt) der freiberuflichen Einkünfte führen. Die Folge ist, dass alle Einkünfte der Ärzte, Zahnärzte oder Heilberufler als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren sind.